Für ein leistungsstarkes Stromverteilnetz – Verteilnetzbetreiber fordern Handeln

Die aktuellen Rahmenbedingungen für unser Energiesystem reichen nicht mehr aus, um dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien gerecht zu werden. Die drei großen bayerischen Verteilnetzbetreiber Bayernwerk Netz, LEW Verteilnetz (LVN) und N-ERGIE Netz fordern deshalb zügige Anpassungen. Sie haben hierfür fünf Handlungsfelder identifiziert.
In Bayern findet der Zubau regenerativer Erzeugung vor allem bei der Photovoltaik (PV) statt: Die Energiewende und ein zweiter PV-Boom mit leistungsstarken Solarparks sind bereits Realität. Angetrieben wird der PV-Ausbau durch die Förderung von Großanlagen bis zu 20 Megawatt durch das EEG, durch Anlagen ohne Größenbegrenzung außerhalb des EEGs und durch Rekordpreise für Strom bei gesunkenen Kosten für PV-Module. Gleichzeitig fordern der Anstieg der Elektromobilität, die Ansiedlung verbrauchsstarker Rechenzentren und der Ausbau von Wasserstoff-Lösungen das Stromnetz zunehmend. Für all dies braucht es ein leistungsstarkes und sicheres Stromverteilnetz. Doch dessen Ausbau und damit die Energiewende drohen ins Stocken zu geraten.
Der Hintergrund
Die Verteilnetze sind das Rückgrat der Energiewende. Die Bayernwerk Netz, die LVN und die N-ERGIE Netz haben gemeinsam fast eine halbe Million Erneuerbare-Energien (EE)-Anlagen mit insgesamt etwa 19 Gigawatt Leistung in die eigenen Verteilnetze integriert. „Wir haben eine starke Basis für die klimaneutrale Zukunft gelegt. Doch nun erleben wir in Bayern einen zweiten PV-Boom“, fasst Dr. Egon Leo Westphal, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, zusammen und betont: „Ein leistungsstarkes und sicheres Stromverteilnetz ist die Voraussetzung, um die Klimaziele zu erreichen.“
Die Herausforderung
„In den letzten Monaten haben wir eine exponentielle Steigerung der Anschlussanfragen und der angefragten Leistungen festgestellt. Wir geben hier für unsere Kunden unser Bestes, stoßen aber verstärkt an die Grenzen der Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unserer Partnerfirmen und unserer Netze“, erklärt Robert Pflügl, Geschäftsführer der Bayernwerk Netz GmbH. Voraussetzung für die Einbindung dezentraler Erzeugungsanlagen sind leistungsstarke Anschlüsse ans Stromverteilnetz. Dafür muss die Netzkapazität erweitert werden.
Um das Tempo wie erforderlich zu erhöhen, sind die richtigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig. Die drei größten bayerischen Verteilnetzbetreiber wollen ein aktiver Treiber der Energiewende bleiben. Für eine erfolgreiche Energiezukunft in Bayern muss der politische und gesetzliche Rahmen so gestaltet sein, dass keine Netzengpässe entstehen und der Anteil regenerativer Energie in den bayerischen Verteilnetzen weiter gesteigert werden kann. Deshalb haben sie fünf Handlungsfelder für den schnellen Ausbau der Erneuerbaren identifiziert:
1. Energiekonzept für ein klimaneutrales Bayern
Langfristige energiepolitische Ziele und eine verlässliche Strategie erhöhen die Planungssicherheit und Effizienz. Der Freistaat sollte konkrete Mengenziele und einen Zeitplan für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern definieren. Diese können dann auf kommunaler Ebene in Abstimmung mit den Infrastrukturbetreibern konkretisiert werden. Wichtig ist dabei eine ganzheitliche und Sektoren übergreifende Sicht. Das wesentliche Ziel des Energiekonzepts muss sein, dass dezentral erzeugter Strom möglichst dann vor Ort genutzt wird, wenn er erzeugt wird.
2. Entbürokratisierung der Anschlussregeln und Synchronisierung des Erneuerbaren-Energie-Zubaus mit dem Netzausbau
Allein im letzten Jahr haben Bayernwerk Netz, LVN und N-ERGIE Netz mehr als 50.000 Anfragen für den Anschluss von PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als zehn Gigawatt erhalten. Die aktuell bei den drei Netzbetreibern angeschlossene Leistung beträgt etwa 19 Gigawatt. Gerade bei kleineren Hausdach-Anlagen erweist sich die Bürokratie oft als Bremse für die dezentrale Energiewende. Vor allem die Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur müssen entschlackt werden, um Prozesse zu beschleunigen. Größere PV-Anlagen sollten lokal gebündelt werden. So wird ein effizienterer Netzanschluss ermöglicht.
3. Schnellere und standardisierte Genehmigungsverfahren
Eine personell verstärkte Verwaltung mit bayernweit einheitlichen, vereinfachten und digitalisierten Verfahren trägt dazu bei, den erforderlichen Netzausbau zu beschleunigen. Aktuell dauern Genehmigungsverfahren größerer Netzprojekte viele Jahre.
4. Regulierung, die Klimaneutralität möglich macht
Um das gesellschaftliche Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sind enorme Investitionen in die Infrastruktur notwendig. Um diese umzusetzen, muss der regulatorische Rahmen in Hinblick auf eine gesicherte Finanzierung angepasst werden. Hierzu zählt beispielsweise eine stärkere Berücksichtigung digitaler Technologien.
5. Nutzung von netzdienlichen Speichern und Flexibilität ermöglichen
Die Netzinfrastruktur sollte durch eine Flexibilisierung des Verbrauchs und den Einsatz von netzdienlichen Speichern in räumlicher Nähe zu großen Solarparks effizient genutzt werden. Der Netzausbaubedarf könnte begrenzt werden, indem flexible, intelligente Lösungen stärker berücksichtigt werden.
Die Bayernwerk Netz packt an
Bislang führen alle Anfragen zu einer sechsmonatigen Reservierung der gewünschten Anschlussleistung. Dies blockiert unnötig Netzkapazitäten. Damit allen Kunden eine schnellere und verlässlichere Auskunft beim Anschluss neuer Erzeugungsanlagen erteilt werden kann, passt die Bayernwerk Netz in einem ersten Schritt das Reservierungs- und Verlängerungsverfahren für Einspeisezusagen an.
Künftig
- werden nur vollständige Einreichungen, also mit allen angeforderten Unterlagen, berücksichtigt.
- wird eine Rückmeldung des Kunden zur Weiterverfolgung der Anfrage am mitgeteilten Netzanschlusspunkt innerhalb einer vorgegebenen Frist von sechs Wochen notwendig.
Andernfalls werden die Anfragen nach Ablauf der Frist storniert. So stellt die Bayernwerk Netz sicher, dass sich für alle Kunden, die den Anschluss einer Anlage planen und deren Unterlagen vollständig vorliegen, die Chancen auf einen wirtschaftlichen Netzverknüpfungspunkt erhöhen.
Falls Sie eine Erzeugungsanlage errichten möchten, informieren Sie sich rechtzeitig über das Antragsverfahren und die erforderlichen Unterlagen. Hilfreiche Hinweise erhalten Sie auf der Internetseite der
Bayernwerk Netz GmbH: Energie einspeisen